Bequem von zuhause aus...
Kommt Ihnen die Formulierung bekannt vor?
Vielleicht haben Sie es noch nicht gemerkt, aber unser Leben wird immer einfacher.
Geben Sie einmal «Bequem von zuhause aus» in die Google-Suche ein – das Ergebnis ist überwältigend: Sie können von zuhause aus bequem einkaufen, eine Immobilie anschauen, bezahlen, arbeiten, einen Jagdschein bestellen.
Vor allem Unternehmen wie zum Beispiel die Post scheinen die Worte «bequem» und «einfach» für sich entdeckt zu haben. So können Sie «einfach und bequem Postgeschäfte zu Hause erledigen». Banken wie die Raiffeisenbank, UBS oder Kantonalbank werben damit, dass Sie Ihre Bankgeschäfte «einfach und bequem von zuhause aus» abwickeln können. Und falls Sie doch mal unterwegs sein sollten, wird Ihr Einkauf noch bequemer. Scannen Sie Ihre Einkäufe einfach selbst.
Hach, das Leben ist ein einziger Spaziergang auf Wolken.
Es fragt sich nur, für wen genau das Leben bequemer und einfacher werden soll.
Wir übernehmen solche Dienstleistungen schliesslich von anderen Menschen, zum Beispiel von Schalterbeamten oder Kassiererinnen, die ihrerseits arbeitslos werden. Stattdessen müssen wir uns herumschlagen mit dem Porto für unsere Post, mit QR-Einzahlungsscheinen oder dem Erfassen unserer Einkäufe. Das, was vorher speziell dafür ausgebildete Menschen geleistet haben, müssen wir uns selbst beibringen. Und wehe, es passieren Fehler: Dann bekommen wir eine Mahnung, kassieren ein landesweites Ladenverbot oder haften am Ende persönlich für unseren Verlust. Bequemer und einfacher wird das Leben allenfalls für die Menschen, die sich an solchen Innovationen bereichern.
Viele Menschen sind mit dieser Entwicklung komplett überfordert, nicht nur Menschen mit einer kognitiven Beeinträchtigung. Und falls darauf spekuliert wird, dass die vielen «Digital Immigrants» der alten Generation irgendwann aussterben werden: Auch die «Digital Natives» werden einmal alt, vergesslich und entwickeln vielleicht sogar eine Demenz.
Und wer wird dann für uns da sein? Chat GPT?
Auch alle anderen Menschen kommen zunehmend an ihre Grenzen, und die wenigsten wollen sich nach Feierabend in ständig neue Aufgabenbereiche einarbeiten müssen.
Einfache oder Leichte Sprache kann nur sprachliche Formulierungen vereinfachen, nicht aber Inhalte oder komplexe technische Anforderungen.
Ich hoffe sehr, dass menschliche Arbeit und Dienstleistungen wieder einen höheren Stellenwert bekommen. Bis dahin wünsche ich Ihnen gute Nerven. Zum Glück gibt es Online-Workshops, die Ihnen zur Entspannung verhelfen, «ganz bequem von zuhause aus».